Langeweile


Ab und zu, wenn mein Leben zu hektisch ist, wünsche ich mir ein paar Stunden Langeweile. Wie so oft ist es ein sehr platonischer Wunsch, den ich eigentlich gar nicht meine, weil Langeweile finde ich schrecklich.
Ich erinnere mich, dass meine letzte Langeweile irgendwann im Sommer lag, als es drei Wochen ununterbrochen geregnet hat und wir nicht draussen spielen konnten. Ich war damals ein Kind und digitale Unterhaltung gab es noch nicht.
Der Regen hat mir damals nichts ausgemacht, weil wir uns mit den Nachbarjungen auf unserem Dachboden einen provisorischen Tischtennistisch mit Hilfe meines Vaters gebaut hatten. Es waren zwei Holzplatten, die mein Vater nicht mehr brauchte, die auf einem Gartentisch und einer alten Nähmaschine befestigt waren. Diese Holzplatten waren kürzer und schmaler als ein normaler Tischtennistisch, aber das hat uns nicht gestört. Wir fühlten uns wie Profis im Trainingslager. Wir spielten von morgens bis abends, unterbrochen nur durch Pausen zum Mittagessen und Abendessen. Ein Tutorial oder eine Anleitung, wie man das Spiel spielt, hatten wir nicht, und was wir uns beigebracht hatten, war durch Versuch und Irrtum. Die Regeln, wie man Punkte zählt, hat uns mein Vater erklärt.

In diesem verregneten Sommer habe ich passabel Tischtennis gelernt. Doch ausgerechnet an diesem einen Tag mussten die Nachbarsjungen mit ihren Eltern zu ihrer Tante fahren, und ich blieb allein zurück. Es war mir langweilig, und an das Gefühl der Langeweile erinnere ich mich noch heute, nach Jahrzehnten. Das war das letzte Mal. Seitdem habe ich die entstandenen Freiräume vielfältig genutzt, und mein Problem sind eher die unendlichen Möglichkeiten, die man noch hätte – nur leider passen sie nicht in einen Tag, der nur 24 Stunden hat. Zum Beispiel wundere ich mich, dass mein Nachttisch immer noch steht, obwohl er schwer beladen ist mit all den ungelesenen Büchern, die ich unbedingt lesen möchte. Meistens, wenn eines der Bücher wegkommt, kommen zwei neue dazu. Alle diese kulturellen Angebote machen mich fast wahnsinnig, weil ich immer neue Dinge entdecke, die gleichzeitig stattfinden, und ich muss mich entscheiden. Man könnte die Beispiele noch lange fortsetzen.

Ich habe jedoch realisiert, dass irgendwann im Leben eine Phase kommt, in der die Langeweile, wie in der Kindheit, wieder zurückkehren kann. Meine Mutter, eine ehemalige Mathematiklehrerin, die nach und nach ihre Mobilität verliert, aber geistig so fit ist wie vor 20 Jahren, beginnt sich im Winter, wenn die sozialen Kontakte weniger werden, zu langweilen. Trotz digitaler Angebote und trotz ihrer Fähigkeit, ChatGPT gegen Perplexity auszutauschen, als KI mit mehr recherchierten Informationen und mehr Quellenangaben. Meine Mutter, über 80, hat keine Berührungsängste mit der digitalen Welt und bewegt sich dort sehr geschickt. Aber die sozialen Kontakte und der Austausch mit Menschen aus Fleisch und Blut, und insbesondere deren Fehlen, lassen sie sich einsam und auch gelangweilt fühlen. Dennoch schafft sie es jede Woche, in die Bibliothek zu gehen und sich sechs neue Bücher auszuleihen, die sie in einer Woche durchliest.

Ich beobachte meine Mutter seit etwa zehn Jahren genau und möchte über ihre Probleme im Detail Bescheid wissen. Nicht, dass ich ihr wirklich helfen könnte – meistens hilft sie sich immer noch selbst und löst ihre Probleme mit Hilfe digitaler Assistenten. Aber es ist eigennützig. Wenn ich Glück habe, werde ich mit ähnlichen Themen kämpfen müssen wie sie. Was kommt auf mich zu? Wie kann ich mich darauf vorbereiten?

Aus all meinen Beobachtungen kommt mir eigentlich eine klare Lösung: ein Netzwerk. Je grösser, desto besser. Am besten sollte man es kontinuierlich erweitern und dabei besonders auf Altersgruppen achten, die sich stark von der eigenen unterscheiden. Denn mit meinen Freundinnen kommt Langeweile nie auf. Wie letzte Woche, als wir zum Mittagessen verabredet waren und es viertel nach zwölf war, als meine Freundin noch nicht da war. Als ich sie anrief und fragte, wo sie steckt, sagte sie mir, dass das Mittagessen erst morgen, am Donnerstag, sei. Ich musste sie überzeugen, dass heute bereits Donnerstag ist. Aber das kann wirklich nur jemandem passieren, der im Homeoffice arbeitet wie sie. Dafür durfte ich den Herrn am Nebentisch kennenlernen, dessen Gast ebenfalls verspätet war. So sieht keine Langeweile aus.

Boredom


From time to time, when my life gets too hectic, I wish for a few hours of boredom. As often happens, it’s a very platonic wish, one I don’t actually mean, because I find boredom awful.

I remember that my last experience with boredom was sometime in the summer when it rained non-stop for three weeks and we couldn’t play outside. I was a child back then, and there was no digital entertainment.

The rain didn’t bother me because we had built a makeshift table tennis table with the neighbor boys in our attic, with help from my father. It was made of two wooden planks that my father no longer needed, placed on a garden table and an old sewing machine. The wooden planks were shorter and narrower than a normal table tennis table, but that didn’t bother us. We felt like professionals in training camp. We played from morning until evening, interrupted only by breaks for lunch and dinner. We had no tutorial or guide on how to play the game; what we learned was through trial and error. My father explained the rules for scoring.

In that rainy summer, I learned to play table tennis decently. But on that one day, the neighbor boys had to go with their parents to visit their aunt, and I was left alone. I was bored, and I still remember that feeling of boredom to this day, even after decades. That was the last time. Since then, I’ve used the free time I have in many ways, and my problem is more the endless possibilities of what I could do – but unfortunately, they don’t fit into a day that only has 24 hours. For example, I wonder why my nightstand is still standing, even though it’s weighed down with all the unread books I absolutely have to read. Usually, when one book is taken away, two new ones come along. All these cultural offers almost drive me crazy because I keep discovering new things happening at the same time, and I have to choose. One could continue with examples like this for a long time.

However, I’ve realized that at some point in life, a phase will come where boredom, like in childhood, may return. My mother, a former math teacher, who is gradually losing her mobility but whose mind is as sharp as it was 20 years ago, begins to get bored in the winter when social contacts become sparse. Despite digital options and despite her ability to exchange ChatGPT for Perplexity, as a more researched and detailed AI. My mother, over 80, has no fear of the digital world and navigates it very skillfully. But the lack of social contacts and interaction with people in the flesh and blood, and especially their absence, makes her feel lonely and bored. Nevertheless, she manages to go to the library every week and borrow six new books, which she reads in one week.

I have been closely observing my mother for about ten years and want to know the details of her problems. Not that I could really help her – most of the time, she still helps herself and solves her problems with the help of digital assistants. But it’s selfish. If I’m lucky, I will have to deal with similar issues as she does. What’s coming my way? How can I prepare for it?

From all these observations, a clear solution comes to mind: a network. The bigger, the better. Ideally, one should continuously expand it, especially with age groups that differ significantly from one’s own. Because with my friends, boredom never strikes. Like last week, when we had arranged to meet for lunch, and by quarter past twelve, my friend still wasn’t there. When I called her to ask where she was, she told me that lunch was actually tomorrow, on Thursday. I had to convince her that today was already Thursday. But this can really only happen to someone who works from home, like she does. As a result, I got to meet the gentleman at the next table, whose guest was also late. Now, that’s not boredom.

Geburtstag


Ich mag Weihnachten, Silvester und meinen Geburtstag nicht besonders. Schon als Kind graute mir vor der Vorstellung der geplanten Feier: Jetzt wird es lustig, gemütlich oder was auch immer. Freude auf Knopfdruck liegt mir nicht, und Vorfreude empfinde ich kaum. Ich bekomme viele gut gemeinte Gratulationen und Geschenke, mit denen ich oft nichts anfangen kann. Dazu kommt das erzwungene Gefühl, auf alle Glückwünsche freudig reagieren zu müssen.

Was ich hingegen mag, ist, spontan oder kurzfristig mit meinen ehemaligen Schulkollegen, Freunden und Freundinnen etwas auszumachen – zu zweit, zu dritt oder in einer grösseren Gruppe – und einen lustigen, unverbindlichen Abend oder ein Wochenende ohne Agenda und Hintergedanken zu verbringen.

Jetzt ist es wieder so weit. Ich habe Geburtstag. Alle Jahre wieder im Januar. Meine Freundinnen schreiben mir, und das freut mich wirklich, denn das sind authentische Glückwünsche mit ehrlichen Angeboten, gemeinsam wandern zu gehen oder ins Kino, Theater oder eine Ausstellung. Sie kennen mich und wissen, dass mich materielle Geschenke selten glücklich machen. Die Kinder melden sich, die Eltern und weitere Verwandte schreiben. Einige alte, langjährige Geschäftspartner lassen von sich hören. Und dann bekomme ich Anrufe und Mails, die durch Kalendereinträge von Versicherungen, der Garage oder anderen Dienstleistern ausgelöst werden. Die SBB schenkt mir einen Gutschein für ein Getränk, Ticketcorner eine 5-Franken-Ermässigung. Ich möchte nicht undankbar wirken, aber ehrlich: Ich brauche keine KI, die programmiert wurde, um meinen Geburtstag zu beachten. Das macht keinen Spass.

Ich war bei meiner Mutter zu Besuch, um ihr bei der Einstellung ihrer Hörgeräte zu helfen. Jetzt fliege ich an meinem Geburtstag zurück nach Hause. Ich setze mich auf meinen Sitz – und da ich ein super günstiges Ticket gekauft habe, überrascht es mich nicht, dass ich wieder wie schon auf dem Hinflug in der letzten Reihe des Flugzeugs eingecheckt wurde. Ein Aufpreis für 15 Reihen weiter vorne zu sitzen, ist es mir nicht wert. Lesen kann ich überall, nachdenken ebenfalls. Ich mache es mir bequem, öffne meinen Laptop und beginne zu arbeiten. Dann kommt die Stewardess und fragt mich, ob ich Frau Merz sei. Ja, das bin ich. Sie gratuliert mir und überreicht mir eine Tafel Schokolade. Und das hat mich tatsächlich berührt. Das Unerwartete traf mich emotional. Swiss, gut gemacht – ich habe mich über diese Gratulation sehr gefreut.

Übrigens habe ich dieses Jahr nach langer Zeit wieder einen materiellen Wunsch: Ich möchte mir gerne einen Billardtisch kaufen. Das ist allerdings ein anspruchsvoller Wunsch. Ein Billardtisch ist gross und schwer. In meiner Wohnung ist kein Platz dafür. Aber im Ferienhaus wäre es möglich, den Raum über dem alten Stall aufzustocken und dort den Tisch aufzustellen. Das ist jetzt mein Geburtstagswunsch und vermutlich ein Projekt für die nächsten drei Jahre. Ich brauche einen Architekten, der sich mit alter Bausubstanz auskennt. Die Wände bestehen aus Stein, das Haus wurde 1906 erbaut, die Ställe wahrscheinlich über 100 Jahre früher. Ich brauche einen Bauleiter und eine Baugenehmigung. Die Realisierung wird sicher anspruchsvoll, da durch die Aufstockung vermutlich ein komplett neues Dach nötig wird. Wie immer ist mein Budget begrenzt, und alles muss hineinpassen.

Warum Billard? Ich habe in den Ferien nach langer Zeit wieder fast jeden Tag gespielt. Ich bin überhaupt nicht gut. Mir hat schon immer das dreidimensionale Sehen gefehlt, und Geometrie war für mich ein Horrorfach. Als ich mit 14 einen Intelligenztest gemacht habe (als Hilfe für die Berufswahl), erzielte ich im Bereich der räumlichen Visualisierung null Punkte. Man liess mich diesen Teil des Tests wiederholen, weil der Verdacht bestand, dass etwas schiefgelaufen sei. Das Ergebnis blieb jedoch gleich: null Punkte. Es gibt Dinge, die ich einfach nicht kann. Für Billard ist die Fähigkeit zur räumlichen Visualisierung von grossem Vorteil. Seitlich einzuparken, konnte ich erst nach langem Suchen nach einer Strategie. Heute schaffe ich es ohne weiteres und schwitze nicht mehr wie in den ersten 20 Jahren mit Führerschein. Ich erinnere mich an Kollegen und Fahrlehrer, die mir versprochen haben, es mir beizubringen – keiner hat es geschafft. Ich musste selbst herausfinden, wie ich diese fehlende Fähigkeit kompensieren kann.

Mit Billard ist es ähnlich. Ich kann mir nicht vorstellen, was passiert, wenn ich eine Kugel durch eine andere stosse, aber mittlerweile kann ich einiges analytisch ableiten. Meine Schwäche zu überlisten, macht mir grossen Spass. Ich brauche den Billardtisch, um besser zu werden; dafür braucht es die Aufstockung, und diese benötigt die Baugenehmigung, die mir ein Architekt und Bauleiter besorgen sollten. Falls ihr tolle Architekten oder Bauleiter kennt, wäre das für mich ein wunderbares Geburtstagsgeschenk.

Ich habe schon wieder Geburtstag. Swiss, danke für die Schokolade.

Jamaika – Die Reise, die sich lohnt


Vor meine Abreise hatte ich Bedenken aufgrund der vielen beängstigenden Meldungen, die ich in meiner Vorbereitung gelesen hatte. Die lange Liste der notwendigen Impfungen und Warnungen vor hoher Kriminalität, etwa dass die Mordrate zu den höchsten in der westlichen Hemisphäre gehört, hatten mich sehr verunsichert. Auch Meldung wie “Jamaica is classified as medium-risk destination” beruhigte mich nicht wirklich. Der Rat “Always be accompanied by someone you know, even when going to the restroom” schien mir übertrieben paranoid.

Ich bin keine Person, die zwischen Mittelnacht und Morgengrau in Bars verkehrt oder sich die Slums aus nächster Nähe ansehen muss. Zu Beginn meines Aufenthalts war ich sehr risikoscheu und verhielt mich entsprechend vorsichtig. Doch wer nicht bereit ist, auszugehen, wird auch nie etwas entdecken. Mit einem gemieteten Auto konnte ich einen großen Teil der Insel erkunden. Der Norden ist anders als Westen und Süden und überall lohnt es sich reinzukucken. Jamaica ist definitiv eine Reise wert. Es gibt sehr gepflegte Gegenden mit unglaublichen Villen und üppigen Gärten, kleine farbenfrohe Holzhäuser mit viel Charme und auch ärmliche Baracken sowie einige Bauruinen. Aber wo gibt es diese Unterschiede nicht?

Mich haben vor allem die Bauruinen fasziniert. Einige scheinen alt und verlassen zu sein, andere sind unvollendete Bauten, die aus unerklärlichen Gründen nicht fertiggestellt wurden. Der Sonntag scheint der Waschtag zu sein, zumindest war es an einem sonnigen Tag ohne Wolken so. Die Wäscheleinen vor den Häusern waren voll behangen und die farbenfrohen Kleidungsstücke wehten fröhlich im Wind! Die Menschen sind gelassen und freundlich, immer für ein Schwätzchen zu haben und stolz auf ihr Land. Sie wollten wissen, woher ich komme, und alle, mit denen ich gesprochen habe, kannten meine Heimatland. Der Geographieunterricht in ihren Schulen muss wirklich gut sein!

Einige zu Hause, denen ich vor Abreise erzählte habe, dass ich nach Jamaica fahre, meinten,  ich würde nach Afrika reisen. Geographisch völlig falsch, aber tatsächlich stammen 90% der heutiger Einwohner aus Ghana ab, die im 17. und 18. Jahrhundert eingeschleppt wurden und auf Zuckerplantagen gratis  arbeiten mussten. Das Klima ist tropisch-feucht am Meer und gemäßigt im Hochland. Überall ist es grün und die üppige Vegetation wuchert mit beeindruckender Kraft. Die Pflanzen sind atemberaubend schön: Beim Frühstück konnte ich Delfine beobachten, die nicht weit vom Ufer spielten, sowie Kolibris. Besonders angetan haben es mir die braunen Pelikane.

Stellt euch vor, ihr lasst euch im warmen Meer treiben und plötzlich taucht nur wenige Meter entfernt ein riesiger Vogel kopfüber ins Wasser, in der Hoffnung, einen Fisch zu fangen. Was ihm nach meiner Beobachtung eher selten gelingt. Die Art und Weise, wie sie sich Nahrung beschaffen, hat mich stark fasziniert. Sie überfliegen eine Lagune relativ tief über dem Wasser, steigen dann auf und lassen sich plötzlich wie ein Stein kopfüber ins Wasser fallen. Mit mäßigem Erfolg. Die Höhe, aus der sie sich fallen lassen, ist relativ groß – schätzungsweise 10 bis 15 Meter. Sie müssen über ein Schutzmechanismus verfügen, dass sie sich keine Gehirnerschütterung bei so vielen Versuchen zuziehen.

Wenn ihr nach Jamaica reisen möchtet und wissen wollt, was sich zu besuchen lohnt, empfehle ich folgende eher volle, aber sehenswerte touristische Orte: Rick’s Café in Negril für diejenigen, die gerne aus großer Höhe ins kristallblaue Wasser springen möchten. Vorsicht, sie sind sehr amerikanisch unterwegs und verbieten alle nur ein bisschen gefährlicheren Sprünge wie Backflips. Dann die Dunn’s Watter Falls, wo man durch Wasserfälle vom Meer nach oben in unglaublich klares Süßwasser klettern kann. Auch ein Besuch ich einen botanischen Garten oder eine Vogelbeobachtungsstation, wo man Kolibris aus wenigen Zentimetern Entfernung beobachten kann, lohnt sich bestimmt. Es gibt einige.

Der Rest hängt von euren sportlichen oder anderen Vorlieben ab. Und selbstverständlich das Meer. Ich konnte mich nie sattsehen und -hören, besonders nachts, wenn alle nachtaktiven Tiere dazukommen. Zur Sicherheit: Wenn man die Sicherheitsstandards wie in anderen großen Städten einhält, ist das Reisen in Jamaica unbedenklich. Ich habe es geschafft, mich mit dem Mietauto zu verfahren, und abgesehen von riesigen Schlaglöchern bin ich nur auf hilfsbereite und nette Leute gestoßen. Das ist vielleich etwas was man wissen sollte. Die Signalisation ist eher dürftig. Die Ortschaften sind selten angeschrieben und die Einbahstrasse nicht gekennzeichnet. Paar mal mussten mich Einehimische aus so eine Einbahstrasse Labyrinth navigieren. Auch wenn sie mir versucht hatten, zu erklären wie man Einbahnstrassen in Städten erkennt , habe ich es nicht wirklich verstanden und leider war die Google Map auch nicht immer eine Eindeutige Hilfe.

Abendessen soll man dort, wo die Einheimischen essen, und nicht nur in Hotel. Für meinen Geschmack ist das Angebot auf der Insel fast überall zu fleischlastig, aber mindestens ein Fisch findet sich immer. Überraschenderweise ist Gemüse eher selten auf den Menüs, und Früchte kauft man sich am besten neben der Straße.

Nicht zuletzt die Musik und Bob Marly. Bob ist in unzähligen Bildern an allen möglichen Wänden Omnipräsent. Und einem einheimischen Band am Meeresufer am Abend bei» One Love» zuzuhören ist ein unvergessliche Erlebnis. Sich in Jamaica zu verlieben, fällt dann einem nicht schwer.

Jamaika – Weihnachten mit James Bond


Ich liebe Märchen. Es ist doch schön zu wissen, dass das Gute über das Böse siegt. Immer! Sonst ist es kein Märchen. James Bond, geschaffen von Ian Fleming, ist für mich nichts anderes als ein Märchen für Erwachsene. Das Gute besiegt das Böse. Immer! Sonst ist es kein richtiger James Bond.

Vor Kurzem hat mir ein Freund erzählt, wie Ian Fleming den Namen James Bond gefunden haben soll. Fleming suchte nach einem durchschnittlichen, eher langweiligen Namen. In seiner Bibliothek stand auch eine grosse Vogel-Enzyklopädie. Der Verfasser: James Bond. Ob die Geschichte stimmt, weiss ich nicht, aber ich finde sie grossartig. James Bond, der Vogel-Spezialist, der regelmässig die Welt rettet.

Ich verbringe dieses Weihnachten auf Jamaika. Nein, nicht wirklich wegen James Bond, sondern wegen des guten Wetters, des Meeres, des Windes und der Musik. Es ist das erste Mal, dass ich hier bin, und es ist eine Erfahrung, die sich lohnt. Der Anfang war allerdings holprig. Mein Flug hatte Verspätung, und ich machte mir Sorgen, dass der Autoverleih bereits geschlossen sein könnte. Glücklicherweise traf das nicht zu. Die Dame war noch da und übergab mir die Schlüssel.

Die Überraschung kam, als sie mir sagte, dass der Benzintank leer sei. Wie leer er war! Kaum hatte ich den Motor gestartet, zeigte die Anzeige an, dass ich tanken muss – Notreserve! Ich fragte, wo die nächste Tankstelle sei, und man sagte mir: geradeaus und dann links. Das klang nicht besonders beruhigend. Das Auto hatte keine Navigation, und draussen war es stockdunkel.

Ich fuhr los und fand nach etwa drei Kilometern tatsächlich eine Tankstelle, zu meiner grossen Erleichterung. Aber sie war menschenleer. Ich ging von Säule zu Säule und versuchte herauszufinden, wie man hier tankt. Es war dunkel, mitten in der Nacht, und ich begann leicht nervös zu werden. Nach und nach realisierte ich, dass ich weder mit Bargeld in irgendeiner Währung noch mit Kreditkarte an dieser Tankstelle tanken konnte.

Mit mulmigem Gefühl suchte ich auf der Karte nach der nächsten Tankstelle. Es gibt wahrlich angenehmere Vorstellungen, als mitten im Nirgendwo in einem Auto mit leerem Tank übernachten zu müssen. Plötzlich kamen drei Fahrzeuge mit quietschenden Reifen auf die Tankstelle gefahren. Nein, ich wurde nicht überfallen, und nein, ich musste die Nacht nicht im Auto verbringen. Ich fand eine andere, nahegelegene Tankstelle und konnte den Tank schliesslich füllen.

Jamaika hat viel zu bieten. Besonders fasziniert haben mich die Kolibris und die Pflanzenwelt. Die Insel ist unglaublich grün, es gibt Wasser im Überfluss, und ein Regenschauer hier ist ein Erlebnis. Die Qualität des Trinkwassers ist aussergewöhnlich hoch. Man kann Vogelstationen, botanische Gärten oder Abenteuerparks besuchen. Man kann Wasserfälle erklimmen oder auf einem Floss fahren.

Die Musik, der Tanz und die Gespräche mit den Einheimischen machen Jamaika zu etwas Besonderem. Die Menschen sind freundlich, hilfsbereit, und jeder hat Zeit für ein Schwätzchen. Ich kann gut nachvollziehen, warum Ian Fleming seine Bücher hier geschrieben hat.

Nebel im Mittelland


Ich wohne eine halbe Stunde von Zürich entfernt. Es ist ein toller Ort mit sehr liebenswürdigen Menschen und einem fantastischen See. Ich habe eine unglaubliche Panorama-Aussicht über die Berge und den See. Ein Blick aus dem Fenster ersetzt das Fernsehen. Außer zwischen November und Februar. Dann plagt uns der Nebel. Aber was für ein Nebel! An manchen Tagen ist der Nebel so weiß und dicht, dass er mich an Kinderbrei erinnert. Kinderbrei zu essen ist eine meiner schönsten kindlichen kulinarischen Erinnerungen. Doch von Kinderbrei umgeben zu sein, ist einfach nur ekelhaft. Der Nebel ist sehr hartnäckig. Ohne Probleme hält er sich den ganzen Tag bis in die Nacht. Man sieht nichts. Gar nichts. Nur Grau, Weiß oder Schwarz. Den Unterschied zwischen Tag und Nacht erkennt man an der Helligkeit. Nach ein paar Stunden in diesem dicken Nebel wird mir physisch übel. Nicht nur ein bisschen, sondern richtig übel. Zwei Dinge helfen dann: Bewegung und Sonne.

Jetzt hält sich der Nebel schon seit ein paar Wochen. Er ist nicht so undurchsichtig, wie er es im Februar sein kann, aber er ist Tag für Tag ohne Pause da. Ich halte es nicht mehr aus. In der Schweiz kann man dem Nebel mit einer 1,5-stündigen Fahrt entkommen. Also bin ich nach Interlaken gefahren. Ich musste in die Höhe, weil die Nebelgrenze bei 1100 m liegt und darüber herrliche, wolkenfreie Sonnentage zu finden sind. Am Morgen war es noch dunkel, und das Erwachen des Tages erkannte man nur am Wechsel von Schwarz-Milchig zu Grau-Milchig. Ich fuhr los, und nach etwa einer Stunde Fahrt kam der erste Sonnenstrahl, wie ein Guten-Morgen-Kuss. Man sieht den dichten Nebel, der unten wie ein Kissen zurückbleibt, und erfreut sich an den immer noch grünen Hängen der Berge (der Schnee kommt bald) und an der Sonne.

Eine Wanderung zum Gemmenalphorn auf 2061 m Höhe liegt vor mir. Offenbar hatten viele andere die gleiche Idee – von einem einsamen Aufstieg kann keine Rede sein. Es erinnert eher an eine Völkerwanderung. Es fühlt sich aber gut an, weil alle grüßen, wie wenn man die Nachbarin trifft. Alle, die heute unterwegs sind, scheinen glücklich zu sein und lachen sich gegenseitig an. Was für ein genialer Tag! Meine Atmung meckert ein bisschen, insbesondere auf dem letzten Teil der Strecke, weil es wirklich steil ist. Ich habe jedoch keine Lust, langsamer zu werden. Vielleicht gibt es morgen Muskelkater; wir werden sehen. Mit jedem Schritt und jedem Tropfen Schweiß geht es mir besser. Es ist angenehm warm, die meisten laufen im T-Shirt, ein Pullover reicht, und die Jacke kann man getrost im Rucksack lassen.

Am Anfang der Wanderung stoße ich auf ein altes Haus. Alle Fenster und Türen sind offen, und aus dem Inneren klingt es nach Abbrucharbeiten. Vor dem Haus steht eine Mulde mit altem Holz und sonstigen Resten. Ich bin neugierig und schaue hinein. Gerade wird die dünne Holzwand zwischen Küche und Wohnzimmer abgerissen. Für die Isolation wurden damals Zeitungen verwendet. Ich hebe eine Zeitung vom Boden auf und sehe, dass sie aus dem August 1945 stammt. Die Zeitung ist perfekt erhalten, und ich blättere sie durch. Sie ist viel dünner als heutige Zeitungen, und der wesentliche Teil besteht aus Anzeigen. Ich lese eine Immobilienanzeige, in der eine Villa mit 9 Zimmern, 2000 m² Garten und wunderbarer Aussicht in Zürich für 220’000 Franken angeboten wird. Schade, dass meine Großeltern nicht das Geld hatten, so etwas zu kaufen. Heute müsste das wohl einen Wert im zweistelligen Millionenbereich haben.

Der Aufstieg belohnt mich mit einem unschlagbaren 360-Grad-Ausblick. Ich könnte stundenlang in der Sonne auf trockenem Gras sitzen und die weite Gegend, die umliegenden Berge mit bereits verschneiten Spitzen und den See bewundern. Da es nach Sonnenuntergang aber kalt und eher ungemütlich wird, mache ich eine halbe Stunde Pause und trete dann den Abstieg ins Tal an, während ich die vielen Gleitschirmflieger beobachte, die auf den Hängen starten und ins Tal gleiten.

Zusammenfassung Ich kann gerne bestätigen, dass gegen den Nebel-Blues am besten Sonne kombiniert mit Bewegung hilft. Empfehlenswert sind gute Schuhe und eine Flasche Wasser. Die Wasserflasche habe ich leider am Samstag vergessen mitzunehmen. Umso schöner war das Trinken nach dem Abstieg!

Wie wird man alt


Ich habe gelesen, dass Leute keine Angst vor dem Tod haben, sondern vor dem Sterben und eigentlich geht es um die Angst vor den Schmerz und der Fremdbestimmung. Ähnlich ist es mit dem älter werden. Ich glaube nicht, dass die Leute Angst vor dem Alter haben. Älter zu werden bringt viel Positives mit sich.

Man kennt sich und muss sich selber und den anderen gar nichts mehr beweisen (nicht alle, aber wohl die Mehrheit). Die Erfahrung erlaubt eine Entscheidung zu treffen, die in jungen Jahren gar nicht möglich wären und das über Jahre aufgebaute soziale Netz ist so tragfähig, dass man gar nicht fallen kann. Diejenige die ein Leben lang Freude am Lernen haben, lernen neue Sachen und kommen bis ins hohe Alter auch bei den neusten technologischen Entwicklungen mit. Das Alter bringt dann einige körperliche Beschwerden und schwindende Energie mit sich. Bei einigen auch eine begrenzte geistige Flexibilität. Die Angst vor dem Alter ist eher eine Angst vor den negativen Folgen, die es mit sich bringt.

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Weihnachtsbrief 2019


Urs, ein Bauer aus Irland, und seine Frau Claudia, eine Ärztin, schreiben mir jedes Jahr zu Weihnachten einen Brief. Ich freue mich immer sehr darauf. Sie lassen mich wissen, was bei ihnen auf der Farm und in ihrem Leben so alles gelaufen ist. Ich habe Urs und seine Frau schon ziemlich lange nicht mehr gesehen, aber da ich vor Jahren bei ihnen zu Besuch war, kann ich mir vieles, was sie so beschreiben, gut vorstellen. Dieses Jahr haben sie mir eine wunderbare Geschichte gesendet, die will ich gerne teilen.

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Ich bin ja blöd!!!


Es gibt eine Menge Projekte, die ich derzeit bewältigen muss. Eigentlich ist mein Kalender ausgebucht und neue Sachen haben bis ende Oktober gar keinen Platz. Aber als der Anruf kam, war mir klar, dass es ein Notfall ist und ich helfen muss. Ich musste alle meine Termine ändern, mich bei einer Menge von Leuten entschuldigen und neue Termine abmachen. Der Freitag war somit voll und von Morgen bis zum Abend ausgebucht. Da ich viel reise, bin ich organisiert und das Packen fällt mir leicht. Aber wegen dieser Ausnahmesituation musste ich noch eine Tasche mitnehmen.

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Kann man wirklich alles haben?


Susanne ist als junge Frau in die Politik eingestiegen. Sie war eine Ausnahmeerscheinung. Hübsch, klug, nett, kaum volljährig, hohe moralische Anforderungen für die Menschen um sie herum und vor allem an sich selber. Es gab keine Sitzung, zu der sie unvorbereitet erschien. Es gab kein Thema, in die sie nicht bereit war sich reinzuknien und es zu verstehen. Es waren unendliche Stunden, die sie in die Parteiarbeit eingesteckt hatte. Fünf Abende pro Woche auswärts waren keine Seltenheit.

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