Weniger ist mehr


Ich bin letztes Jahr umgezogen. Ich musste mich von vielen Dingen trennen, weil sie kein Platz mehr hatten. Das tat weh. Die emotionale Bindung war stark. Es mag stimmen, dass ich Mehrheit meine Bücher mehr als 20 Jahre kein einziges Mal in Hand hatte (ausser zum Abstauben), aber bei fast allen, wusste ich wo ich sie gekauft hatte oder wer sie mir geschenkt hat und welche Erlebnisse ich hatte, als ich sie las. Mit jedem Buch, mit jedem Gegenstand sind plötzlich Bilder gekommen, die sonst im Labyrinth der Erinnerungen verloren gegangen wären. Mir war klar, dass wenn man die Gegenstände wegwirft, weil man sie eigentlich nicht braucht, geht ein Teil der eigenen Geschichte verloren. Das ist wie wenn die Fotos per Irrtum gelöscht werden, wie kürzlich bei Swisscom. Sich dann an die Erlebnisse ohne die Stütze der Bilder zu erinnern, ist fast Ding der Unmöglichkeit.

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Vedi Napoli e poi muori!! Neapel sehen und sterben


Als Kind habe ich diesen Satz gelesen und stellte mir vor, dass nach Napoli zu fahren das Allerletzte wäre, was man machen sollte, wenn man danach dann sterben würde. Meine Interpretation des berühmten Zitates von Goethe war natürlich grundlegend falsch. Trotzdem war Neapel für mich ein Symbol des Sterbens und nicht des Lebens. Egal ob ich über den Krater Vesuv, die unglückliche verschüttete Ortschaft Pompeji oder die todbringende Camorra nachdachte. Aber es gibt halt wirklich viel, was man vor Ort anschauen und bewundern kann und so bin ich schlussendlich letzthin dennoch hingefahren. Trotz dem leicht mulmigem Gefühl basierend auf meiner frühkindlichen, falschen Interpretation. Read More »

Die furchteinflössendste Schaukel der Welt


Alle fahren in die Ferien ins Ausland. Ich fühle mich fast schuldig, weil ich will gerne in der Schweiz bleiben. Es gibt so viel zu entdecken und das beste daran ist, man kann sich etliche unangenehme Überraschungen sparen. Man weiss nämlich was man bekommt.

Ein Teil der Ferien hat uns nach Grindelwald geführt. Ich war dort unzählige Male aber im Winter. Im Hochsommer aber noch nie. Man kann die Ortschaft wie alle die arabischen und asiatischen Touristen entdecken: die 10 Orte, die man besuchen muss oder man kann sich für die leise Entdeckung ausserhalb der grossen Touristenströme entscheiden. Wir haben den Mittelweg gewählt. Zu Fuss nach Pfingstegg zum Rodeln. Das Blut friert einem in den Adern, wen man sieht wie sich die arabischen Touristinnen, verschleiert von Kopf bis Fuss in die Rodelschlitten setzen und ihre verschiedene Stoffschichten hinter ihnen wehen. Ich habe einmal gelesen, dass Josephine Baker durch ihren Schal im fahrenden Auto stranguliert wurde. Vielleicht stimmt diese Geschichteauch nicht aber seitdem muss ich an diese grauenhafte Todesart denken, wenn ich solche wehenden Kleider sehe. Ich habe verstanden, dass das Personal, weil so viele arabische Touristen gibt, kommen, sogar arabisch spricht. Jetzt muss den dieses den Touristen nur noch erklären, dass so wehende Stoffe beim Rodeln lebensgefährlich sein können.

Anschliessend fuhren wir zu einem Marmorbruch, um zu sehen woher der Türrahmen kommt, der im Bundeshaus steht und weiter bis zur Gletscherschlucht. 1 Kilometer Stege und Tunnel, bis zu 300 Meter hohe Felswände, ein rauschendes, erfrischend kaltes Erlebnis. Wenn es irgendwo einen klaren Beweis gibt, dass sich das Klima erwärmt, dann ist es dort. Vor Jahren endete der Steg beim Gletscher, quasi ein Gletscher zum Anfassen. Mittlerweile hat sich der Gletscher 2.5 km zurückgezogen. Die Prognose sagt, dass es in Jahr 2050 dort keinen Gletscher mehr geben wird. In der Schlucht ist es etwa 14 Grad, weil das Wasser, das da mit ohrenbetäubendem Lärm fliesst, vom Gletscher selber kommt. Und das bei einer Temperatur von 35 Grad in Schatten ausserhalb der Schlucht. Das erste Highlight ist das 170 m2 grosse begehbare Netz, welches 7 Meter über dem reissenden Gletscherbach gespannt ist. Man braucht Mut und Geschick dort reinzuklettern. Es lohnt sich. Ein beflügelndes Erlebnis.

Das nächste Highlight ist die Schlucht Schaukel. Man lässt sich aus 300 m Höhe fallen und fliegt erst nach unten wie ein Stein und dann schwingt man auf dem Seil in der Schlucht hin und Herr wie ein Pendel. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl, weil der Körper so viele Stresshormone ausgeschüttet hat.

Man kann in dem Bach im Gletscherwasser baden aber der Spass ist von kurzer Dauer, weil das Wasser schmerzhaft kalt ist, wie wir mit meinem Jüngsten selber erfahren haben.

Jeden Mittwoch am Abend gibt es ein Strassenfest im Dorf mit Trank, Musik und vielem Lustigen. Das war ein toller Abschluss eines fantastischen Tages. Wir haben einen super Ferientag erlebt. Wir haben gar keinen CO2 Ausstoss verursacht , da wir ausschliesslich zu Fuss waren, wir haben die einheimische Wirtschaft unterstützt und so zum Erhalt von Arbeitsplätzen im Land beigetragen. Schlussendlich haben wir auch noch durch die bezahlte Mehrwertsteuer die Steuereinnahmen des Bundes erhöht. Einfach eine WIN/WIN Situation.

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Die Richterin – eine Geschichte, die mir letzte Woche erzählt wurde


Nach der Matura studierte Jana Recht. Irgendwie hat es sich so ergeben, dass sie Richterin wurde. Eine Scheidung am Morgen, dann ein Erbstreit, nach dem Mittagessen ein Nachbarschaftsstreit und zum Abschluss nochmals eine Scheidung.

Mit ihrem Freund Karl lebte sie in seinem grossen Haus, ging gerne ins Kino und Theater, las viel und liebte es vor der Dämmerung durch den angrenzenden Wald zu spazieren. Kinder hatten sie keine. Es war eine gute Beziehung, man gewöhnt sich an die Fehler und wird mit der Zeit tolerant gegenüber den Schwächen des Anderen. 20 Jahre sind verflogen wie im Nu. Read More »

American Expats in der Schweiz


Meine amerikanischen Freunde, die seit Kurzem in der Schweiz leben, erzählen mir Geschichten, die zum Lachen oder zum Weinen sind, je nachdem, wie man es nimmt. Wenn man die Schweiz und die New Yorker kennt, ist eigentlich klar, woher die täglichen Auseinandersetzungen kommen.

Die Schweizer Nachbarn reklamieren sehr schnell, dass man zu laut ist. Das machen sie sehr oft nicht direkt, indem sie an den Türen klingen und versuchen, das Problem zu besprechen. Nein, wenn es zum Beispiel Nachts um 10 ist, also zb 5 Minuten nach Beginn der Nachtruhe, rufen die lärmempfindlichen Nachbarn die Polizei. Und die Schweizer Polizei rückt aus.

Oder aber sie legen Zettel in den Briefkasten der amerikanischen Übeltäter.

Auf dem letztem Zettel, den eine Anwältin aus New York erhalten hatte, stand: “Bitte ziehen sie ihre Strassenschuhe in der Wohnung aus!”. Ich fragte sie, ob sie Schuhe mit hohen Absätzen trage, aber sie verneinte es ziemlich resolut. Dann wollte ich wissen, ob sie zu Hause in der Nacht tanzt oder sonst irgendwelche anspruchsvollen Aktivitäten ausübe. Nichts davon war der Fall. Sie hatte sogar auf etwa 80% der Böden Teppiche. Sie ist eine Dame 50+ und das klang alles sehr plausibel.

New York ist laut. Tag und Nacht. Ruhe kennt man dort nicht. Darum ist ihr Umgang mit Ruhe und Lärm tatsächlich sehr anders als unserer. Ein bellender Hund einen Stock höher oder tiefer stört sie nicht. Strassenarbeiten am Tag oder nachts sind sie sich gewohnt. Das stört sie auch nicht.

Der nächste heikle Punkt ist das Autofahren. Geschwindigkeitsbussen und Parkbussen kassieren sie in der Schweiz sehr leicht. Meine Freundin aus New York sagt, dass sie Angst habe ihren Briefkasten zu öffnen und nach Zürich wird sie mittlerweile nie mehr mit dem Auto fahren. Sie findet einige Regelungen ziemlich verwirrend und kassiert wegen Fehlern oft Strafen. Zum Beispiel leuchten in den US alle Traffic Lights in der gleichen Farbe. Alle stehen auf Rot oder alle auf Grün. In der Schweiz ist es aber nicht ungewöhnlich, dass die rechte Ampel rot ist, die linke aber grün oder es hat neben dem Rot einen grünen Pfeil. Für meine Freundin ein Horror, weil sie nicht sicher ist, wie sie sich verhalten sollte. Einige 250 Franken teure Bussen für Fahren über Rot wurden ihr so beschert und das weil sie die weisse Linie überquert hatte.

Das Nächste ist die Entsorgung. Das ist eine Wissenschaft für sich und es braucht mittlerweile einen Kurs, um zu wissen, was man mit den eigenen Abfall anstellen soll oder darf.

Die New Yorker, die ich kenne, sind aber alle gerne da und geniessen die hohe Lebensqualität. Und ich bin froh, dass sie da sind, weil mit ihnen wird die einheimische Welt bunter und vielleicht ein bisschen toleranter und nicht immer so verbissen.