Ich erschrecke immer, wenn ich vom Tod oder der schweren Erkrankung eines Gleichaltrigen höre. Als ob das Alter uns vor diesen Dingen schützen könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Es wird immer offensichtlicher, dass mit zunehmenden Alter die Wahrscheinlichkeit für den Tod und eine schwere Krankheit steigt.
Vor einer Woche bin ich Mark im Hallenbad begegnet. Diese Woche habe ich erfahren, dass er einen Herzinfarkt hatte; mit noch nicht mal 50 Jahren.
Vor Jahren einmal, hat mir mein gesundheitsfanatischer Freund Gustav seine Theorie erklärt. Nach ihm hat jeder von uns ein fiktives Gesundheitskonto. Aus dem wird mal genommen oder es wird darauf eingezahlt. Ein Glas Wein zu viel und schon ist man im negativen Bereich. Joggen an der frischen Luft, genug Schlaf und die negative Bilanz gleicht sich aus. Leider tummeln sich auf dem Gesundheitskonto auch Gene. Um das Vokabular der doppelten Buchhaltung zu benutzen, weiss man dabei heutzutage immer noch nicht ganz genau, ob diese das Soll oder das Haben beeinflussen. Irgendwo kommt dann noch das Glück ins Spiel und dann wird die Berechnung des Saldos auf dem Gesundheitskonto noch undurchsichtiger.
Es ist schwierig zu sagen ob man nur Schritte oder noch Jahre vom Abgrund entfernt ist. Ein positiver Beitrag kann nie schaden, ein negativer wird vielleicht mit den Guten kompensiert.
Mein Freund Gustav ist bereits seit 5 Jahren tot.
Er hat nie geraucht, den Alkohol gemieden, täglich Sport betrieben und Stress konsequent aus seinem Berufsleben eliminiert. Er war auch abgehärtet, da er während des ganzen Jahres draußen schwamm, Zucker nur als Wort kannte aber nie freiwillig in den Mund nahm. Aber eines Abends rutschte Gustav auf dem nassen Boden in seinem Badezimmer aus und schlug mit dem Kopf gegen das Lavabo. Er schlug so hart auf, dass er im Koma ins Spital eingeliefert werden müsste. Nach zwei Monaten starb er, ohne wieder das Bewusstsein erlangt zu haben.
Ich habe Gustav sehr gern gehabt. Sein Gesundheitskonto war durch sehr viel Pech in eine Schräglage geraten, die auch alle seine guten Beiträge nicht zu kompensieren vermochten. Wir sind nicht mehr zwanzig und mit jedem Jahr steigt das Bewusstsein, dass ein funktionierender Körper gar keine Selbstverständlichkeit ist. Es zählt sicher jeder positive Beitrag auf dem Gesundheitskonto. Er sollte nur vor allem dazu dienen, sich heute und im Jetzt wohl zu fühlen.