
Nicht alle Nationen haben Märchen die gut enden. In meiner Muttersprache enden aber alle Märchen gut. Sie sind quasi der zuverlässige Lieferant der guten Nachrichten.
Man weiss zum Beispiel, dass der doofe Jan sich gegen Ende der Geschichte als die Weisheit in Person entpuppt, nachdem er alle die schwierigen Aufgaben löst, um die verzauberte Prinzessin zu befreien. Dafür bekommt er die Prinzessin und dazu noch das Königreich.
Der Wolf mag das Rotkäppchen und die Grossmutter gefressen haben, aber der schlaue Waldmeister befreit das Mädchen, wie auch die Grossmutter in einem Stück quick lebendig aus seinem Bauch und alle gehen nach Hause, um zu Abend zu essen. Die bösen Drachen werden getötet, die guten Drachen in Gemeinschaften integriert und eingesetzt, um beispielsweise den Ofen zu heizen. Die Hölle ist gar nicht so schlimm und der Teufel entpuppt sich am Ende als niedliche liebeswürdige Kreatur, die in der Schmiede als Lehrling angeheuert wird.
Ich bin froh um diese liebeswürdigen Geschichten, die die Hoffnung vermitteln, dass am Ende alles gut kommt. Wir wissen doch, dass es in realen Leben leider nicht immer so ist. In diesem Sinne ist jetzt mit Covid die richtige Zeit sich die Hoffnung durch alle diese liebeswürdigen Märchen in Erinnerung zu rufen.
Die Frage, die mich aber später mit dem Alter umtrieb, war: «Was passiert in allen den Geschichten weiter? Nach dem das letzte Wort gelesen wurde?» Zum Beispiel Aschenputtel – Fabelhaft jetzt hat sie ihren Prinzen, den sie kaum kennt, ist ihre bösartige Stiefmutter und Stiefschwester los aber auch die vertraute Umgebung und die Leute, die sie gern hatten. Was ist, wenn sich der Prinz als ein fauler Taugenichts entpuppt, ein Egomane, der sich ausschliesslich für eine nette Unterhaltung interessiert und der Rest der Welt ihm ziemlich egal ist. Was ist, wenn der Prinz dem Alkohol oder Drogen verfällt und Aschenputtel mit seinen Launen quält. Es könnte aber auch umgekehrt kommen. Vielleich entwickelt sich Aschenputtel in herrische und verschwenderische Königin, die die Not und Erniedrigungen ihrer Jugendjahre durch Verschwendung und Luxus kompensiert. Dann wären es aber keine Märchen mehr. Zumindest nicht so wie ich sie mag – zuverlässig und mit einem guten Ende.
Aber vielleicht wenn ich mal Zeit habe, werde ich die Fortsetzung meiner Lieblingsmärchen schreiben.
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