Leben in Zeiten des Coronavirus lV

Ziemlich alles hat sich geändert. Man kann die Welt nicht mehr wiedererkennen. Ich sitze die Dritte Woche zu Hause und arbeite rund um die Uhr. Langsam bin ich organisiert in der neuen Situation. Ich mache das Beste aus dem was wir haben.

Das Tagesprogramm ist immer gleich. Ich stehe auf, mache Yoga oder Gymnastik, dann geh ich duschen, mache mein Bett, vielleicht lege ich die gewaschene Wäsche zusammen oder was auch immer es im Haushalt braucht und wecke meinen Jüngsten auf, der sich für die Schule fertig machen muss. Frühstück muss er sich selber machen. Ich setze mich mit einer Tasse Kaffee vor den Laptop und starre fast ununterbrochen 10 bis 12 Stunden in den Bildschirm. Weder meine Augen, noch mein Rücken und schon gar nicht mein Kopf sind von der Situation begeistert. Ich kann sie verstehen, aber helfen kann ich ihnen nicht gross. Am Anfang hat es relativ wenig Videokonferenzen gegeben. Diese Woche hat die Situation sich verändert und fast alle Besprechung werden als Videokonferenz aufgesetzt. Das braucht höchste Konzentration. Man wird gesehen ohne es selber zu merken. Im Ohr zu grübeln oder noch schlimmer in Nase wäre anstandslos. So wird der Arbeitsalltag, in dem man sich dauerhaft bis auf das kleinste Detail kontrollieren muss, sehr anstrengend. Die Intensität mit der man von zu Hause arbeitet, ist höher als früher in Büro. Die Pausen fehlen fast vollständig.

Ich habe darum in telefonische Besprechungen wo es geht gewechselt. Da kann ich zu mindest rund um unsern Block laufen. Draussen an der frischen Luft, mit den Kopfhörern in den Ohren. Ich arbeite quasi draussen in Laufen. Meistens begegne ich niemandem. Und wenn sich jemand nähert wechsle ich die Seite. Für Essen bleibt da nicht viel Zeit übrig. Einfach am Abend kochen wir und essen gemeinsam als Familie. Für ein Film oder ein Buch bleibt keine Energie mehr am Abend. Meistens folgen dann private Gespräche.

Vielleicht haben wir den ersten Drittel der Isolation geschafft, wer weiss. Was es so schwierig macht, ist der Fakt, dass man nicht weiss, wann das Ende kommt. Wenn etwas Langweiliges oder Grauenhaftes durchzustehen ist, weisst man meistens ob es noch 10 Minuten oder 2 Stunden dauert und man kann die Kräfte aufteilen um bis zum Ende durchzuhalten. Aber was macht man jetzt, wenn man nicht weiss ob wir bis Mitte Mai, Ende Juni oder wann auch immer zu Hause eingesperrt bleiben. Mir fehlen die frischen Blumen. Früher bin ich aufs Feld gegangen und habe sie geschnitten und in einem kleinen Blechkasten bezahlt. Jetzt, wahrscheinlich wegen dem Frost der letzten Tage, wurden alle weggeräumt.

Ab und zu (aber auch nicht immer) schaffe ich es am Abend noch mal nach Draussen zu gehen um frische Luft zu schnappen. Das ist zu einem grossen Luxus geworden. Draussen zu sein. Und es macht nichts, dass ich meistens mutterseelenallein bin. Hauptsache draussen. Aber zwischen den Betonblöcken zu laufen ist nur halb so erholsam. Ich müsste im Wald. Der nächste ist etwa 20 Minuten zu Fuss. Zum Glück. Ich habe am letzten Samstag einen Weg gesucht um niemandem zu begegnen. Das ist mir nicht ganz geglückt aber mehrheitlich war ich wirklich allein unterwegs. Ab und zu spielen wir mit meinem Jüngsten auf dem Küchentisch Tischtennis ohne Netz. Unser Tisch ist weit von den Massen des normales Tischtennis-Tisches entfernt, aber Spass macht es uns unheimlich viel und wird werden von Spiel zu Spiel besser und besser.

Wenn ich Unterwegs bin, beobachte ich, wie Leute mit der Situation umgehen. Ich sah Kinder auf einem Spielplatz die in einem Kreis mit genügend Abstand zueinander gesessen sind und sich unterhalten hatten. Beeindruckend. Aber an meiner Wanderung oben auf dem Zugerberg begegnete ich in einer engen Mündung zwei Familien, die den Durchgang erfolgreich blockierten. An ihnen mit 2 Meter Abstand vorbeizukommen unmöglich. Ich wartete und hoffte, dass sie selber merken, wie egoistisch sie sich benehmen. Leider ist nach 10 Minuten nicht passierte. Ich hatte keine Lust sie massregeln zu müssen und somit ist mir nichts anders übriggeblieben, als mich durch dichtes Gebüsch zu zwängen um sie zu umgehen. Der Spaziergang war einfach herrlich und fantastisch. Oben auf dem Berg zu stehen und die Landschaft zu beobachten, die Vögeln zu hören, in grünem zu sein, unbezahlbar.

Heute ist Freitag und ich freue mich wie selten auf mein Wochenende. Das kostbare Gut eines Spazierganges in Wald da draussen.

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