
Leyla war sehr zielstrebig. Sie wollte von klein auf ihrer engen Welt entfliehen. Weg von den drei grossen und groben Brüdern, die sich regelmässig geschlagen haben. Weg von den engen, armen Verhältnissen, wo das Geld nur für das aller nötigste gereicht hatte und für Extras nie etwas übrigblieb. Sie schämte sich für ihre geerbten Kleider. Auch dafür, dass sie so gut wie nie mit den anderen Kindern aus ihrer Klasse irgendwohin fahren konnte, da sie das Geld nicht hatte um die Eintrittskarten zu bezahlen.
Ihre Mutter war Hausfrau und verdiente mit Putzarbeiten bei anderen etwas dazu. Ab und zu nahm sie Leyla mit um zu helfen. Da staunte Leyla wie es in den reicheren Haushalten aussah. Leyla verstand, dass sie selber Geld verdienen musste. Da sie in der Schule sehr gut war und einfach lernte, bekam sie die Empfehlung ins Gymnasium zu gehen. Leyla begann schnell Nachthilfeunterricht zu geben um sich selber finanzieren zu können. Leyla war auch die erste aus der grossen Familie, die auf die Universität ging. Sie studierte Wirtschaft und arbeitete parallel bis zu 50%. Das war hart aber nötig.
In der Berufswelt stieg sie schnell auf und schnell begann sie gut zu verdienen. Sie war sehr erfolgreich. Was ihr fehlte war der “Stallgeruch”, den die anderen Manager hatten. Es fehlte ihr auch das Netzwerk, welches sie in höhere Positionen tragen könnte.
Leyla entschied sich gegen eine Familie und für die Karriere. Sie schaffte es. Aber Zufriedenheit hat es ihr nicht gebracht. Sie war in beiden Welten fremd. In der Welt, in der ihre Brüder und Eltern lebten, wollte sie nicht dazugehören und in der Berufswelt fühlte sie sich ein Leben lang fremd und nicht zugehörig.
Erst spät begriff sie, dass die Grenze zu sprengen gar nicht so einfach ist und das nur harte Arbeit alleine nicht reicht.