In meiner Kindheit gab es für Preis eines Stückes exakt ein Stück. Familienpackungen existierten noch nicht, 3 für 2 ebenfalls nicht und Buffet oder “Alles in Preis inbegriffen” waren mir als Kind unbekannte Phänomene. Meine erste Begegnung mit “All you can eat” war in der Tanzstunde in der Pubertät und es war eigentlich nicht so gemeint, dass man sich den Bauch vollschlägt, sondern dass man gute Manieren lernt. Das ist ziemlich schiefgelaufen.
Stellt Euch eine Horde pubertierender junger Männer im Wachstum vor. Gekleidet in schwarzen Anzügen mit Fliegen, denen schwedische Tische voll mit belegten Brötli gratis angeboten wurden. Wir standen da und der Tanzmeister hielt einen Vortrag darüber, wie man sich in so einer Situation richtig benimmt. Kein Drängen, kein sich den Mund vollstopfen, Damen den Vorrang geben, langsam essen etc. Was folgte war ähnlich wie bei den Hunger Games und der Tanzmeister hatte keine Chance die jungen Männer zu bremsen. Seine Rufe ins Mikrofon – “Nicht drängeln, nicht kämpfen”, hallten durch den Tanzsaal aber zeigten keine Wirkung.
Innert kurzer Zeit hatten die jungen Männer die Tische leer geplündert. Die Frauen hielten sich mehrheitlich im Hintergrund. Meine erste Erfahrung mit dem Konzept «Alles inbegriffen» war ziemlich negativ, denn ich ass damals kein einziges Stück. Als junge Erwachsene fuhr ich nach Irland. Das war eine sehr inspirierende Reise. In einem Dorf, an dessen Namen ich mich heute nicht mehr erinnere, hatte es das Abendessen in Buffetform gegeben. Ein Fischbuffet. Es war für uns damals ziemlich teuer aber ich wollte es unbedingt versuchen. Es war umwerfend. Da waren so viele phantastische Sachen, die ich mir im normalen Leben damals kaum leisten konnte. Ich probierte von Vielem, aber selbstverständlich nicht von Allem. Das war schlichtweg unmöglich. Die Augen haben gerne weitergemacht aber der Magen hat die Gefolgschaft verweigert. Ich war satt und voll und es hat gar keinen Platz mehr gegeben, nicht einmal für etwas winzig Kleines. Das war das erste Mal, dass ich verstanden habe, wie gefährlich diese Angebote sind. Man isst viel zu viel. Obwohl verlockend, mied ich ab dann alle solche Angebote.
Jetzt habe ich ab Januar das Generalabonnement für den Zug in der Schweiz. Das bedeutet, man zahlt am Anfang einen Preis, für den man ein altes Auto mit vielen Kilometern kaufen könnte und danach ist fast der gesamte öffentliche Verkehr inbegriffen. Und siehe da, es funktioniert ähnlich wie das Buffet. Man überlegt nicht und fährt einfach. Es ist sowieso im Preis inbegriffen. Und weil ich mit der Familienkarte meinen Jüngsten überall hin mitnehmen, kann, wo mein GA gilt, haben wir jetzt in Ferien entschieden, dass wir keinen Plan machen werden, sondern immer den ersten Zug nehmen, der vom Bahnhof wegfährt. Wir packten nur unsere Trottinettes und ein bisschen Geld für die Verpflegung ein. Der erste Zug fuhr uns nach Luzern, dort war Endstation und alle mussten austeigen. Unser Blick fiel auf das Chateau Gütsch – ein Hotel hoch auf dem Berg über Luzern mit einem riesen grossen roten Herz. Wir fuhren mit dem Bähnli nach oben und besuchten die Freiluft Ausstellung – LA Collection’air. Über Kunst kann und muss man streiten, aber ehrlich die 12 Franken Eintritt ist es nicht wert.
Danach fuhren wir via den gegenüberliegenden Berg um die Stadtmauer herum zum Bahnhof und der nächste Zug fuhr nach Basel. Basel war wieder Endstation. Wir besuchten das Cartoon Museum, tranken Kaffee und Rivella. Aus Basel fuhr der nächste Zug nach St. Gallen. Wir stiegen ein aber entschieden uns am Flughafen auszusteigen und auf der Zuschauerterasse die Abflüge zu beobachten. Es war ein kalter aber herrlich in Sonne gebadeter früher Abend. Der nächste Zug fuhr uns nach Zürich und weil wir ziemlich hungrig waren, stiegen wir aus um einen Ort zum Nachtessen zu finden. Zu Hause waren wir dann spät, es war fast 23 Uhr, aber während der Ferien macht es nichts aus.
Wir haben unser Generalabo intensiv genutzt und sind quer durch die Schweiz gefahren. Es war schön. War es masslos? Hätte nicht gereicht sich einfach Luzern richtig anzuschauen? Ich glaube wir werden es wieder machen. Mal ohne Plan, das kommt leider immer weniger vor. Und so eine Reise mit dem ersten Zug, der kommt zu machen, hält viele Überraschungen parat.