Mein Jüngster spielt Klavier. Nein, es sieht nicht so aus, als ob er in der Zukunft sein Dasein als Musiker verbringen wird. Aber er hat ein ausserordentlich gutes Gefühl für Rhythmus und das Klavier spielen macht ihm Spass, obwohl er regelmässig motzt, wenn er üben muss. Am liebsten komponiert er. Einfach am Klavier sitzen und nach Lust und Laune improvisieren. Mit den Jahren des Übens wird das Improvisieren immer besser und mittlerweile hört es sich sehr gut an.
Jetzt hat sein Klavierlehrer (endlich ein Mann in dem von Frauen dominierten schweizerischen Erziehungssystem für Kinder bis 15 Jahre) vorgeschlagen, dass mein Sohn einen Stufentest macht. Man muss zeigen was und wie man spielen kann und bestimmte Sachen aus der Musiktheorie beherrschen.
Letzten Sonntag war es soweit. Er hat die zwei Stücke, die er zu vorspielen hatte, sicher tausendmal geübt. Wir haben gemeinsam die Noten von unten nach oben und von oben nach unten zig Mal durchgelesen. Theorie wurde geübt, kurz gesagt er war wunderbar vorbereitet. Die Prüfung fand in einem Gebäude statt, das ich nicht kannte. Wir waren beide nervös und fuhren viel zu früh von zu Hause los. Das war gut so, weil wir Hirschengraben 1 einfach nicht finden konnten. Dank der Zeitreserve war alles in Ordnung. Ich merkte wie sich mein Magen zusammenzog. Warum, fragte ich mich selber. Warum bin ich nervös, wenn mein Sohn eine banale Prüfung macht, die keinen Einfluss auf seine Zukunft hat? Ich weiss es nicht.
Er begann zu spielen und grad bei dem ersten Stück spielte er so leise, als ob es das Forte über den Noten gar nicht gab, als ob er zu Hause nicht wie wahnsinnig in die Tasten gehauen hätte, so dass man ihn bremsen musste und dazu übersprang er einen ganzen Satz und verfehlte die letzte Note. Ich sah wie der Kopf seines Lehrers rot wurde. Das zweite Stück spielte er dafür gewohnt gut. Dann bei der ersten Frage, mit welcher Note das zweite Stück beginnen würde, gab er die falsche Antwort und der Kopf seines Lehrers wurde noch mal roter.
Trotz allem hat er den Stufentest bestanden. Zu Recht, er kann es ja wirklich und war vielleicht einfach nur wahnsinnig nervös. Ich freue mich mit ihm sehr. Nur den Stress müssen wir beide noch in den Griff kriegen.
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