
Vor einigen Jahren habe ich meine beste Freundin dazu gedrängt, regelmäßig in die freiwillige Altersvorsorge (3. Säule a) einzuzahlen. Bei jedem unserer Treffen habe ich sie daran erinnert und sie gefragt, ob sie es sich überlegt hat und bereit ist, damit zu starten. Wahrscheinlich bin ich ihr damit furchtbar auf die Nerven gegangen. Sie mag mich, und ich habe sie sehr gern. Eines Tages war sie es wohl leid und stimmte zu. Sie schloss die Versicherung ab, rang lange mit sich und zahlte dann monatlich 100 CHF ein. Eigentlich wollte sie noch weniger einzahlen, aber ich konnte sie davon überzeugen, dass 100 CHF pro Monat machbar sein müssen.
Was ich jedoch versäumt habe, war, sie daran zu erinnern, den Betrag zu erhöhen. Sie blieb bei der Einzahlung von 100 CHF pro Monat, obwohl ihr Einkommen es ihr ermöglicht hätte, wesentlich mehr zu zahlen. “Tempi passati.” Da sie um einiges älter ist als ich, wurde sie plötzlich pensioniert. Sie lud mich zu einem Abendessen ein, und ihre Küche war topmodern und nagelneu. Ich war erstaunt, denn ihre alte Küche war durchaus in Ordnung. Sie erklärte mir, dass sie die neue Küche meiner Hartnäckigkeit verdankt. Ich verstand zunächst nicht, was sie meinte. Sie erzählte, dass ihr das Geld aus der 3. Säule ausgezahlt wurde und sie davon einen Teil für die Modernisierung der Küche verwendet hatte. Das Einzige, was sie bereut, ist, dass sie nicht monatlich mehr eingezahlt hat. Ich war erstaunt, denn ich hatte unsere damaligen Diskussionen über die 3. Säule a längst vergessen – aber die Versicherung hat nicht vergessen und hat funktioniert.
Es erstaunt mich immer wieder, wie wenig sich auch sehr selbstständige Frauen um ihre Finanzen und insbesondere um ihre finanzielle Situation im Alter kümmern. Ebenso erstaunt es mich, wie wenig der Staat in die finanzielle Bildung seiner Bürger investiert, insbesondere was die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen betrifft. Ich hätte mir gewünscht, dass es mindestens einmal pro Jahr, idealerweise einmal pro Monat, verpflichtende Abende gibt, an denen man vielleicht ab der 6. Klasse über Geld, Anlagen sowie Zins und Zinseszins spricht. Es wäre großartig, wenn es in jeder Klasse ein Spiel gäbe, bei dem die Kinder fiktive Anlagen tätigen und am Ende der Schulzeit (und nicht nur des Jahres) vergleichen, wie sich die einzelnen Anlagen entwickelt haben und warum. So könnte man spielerisch den Umgang mit Geld lernen.
Ich habe viel zu oft erlebt, dass Frauen mit Hochschulabschluss, hochintelligent und talentiert, nach der Geburt des ersten Kindes ihr Arbeitspensum auf vielleicht 80 % und nach dem zweiten Kind auf 60 % reduziert haben – und nie mehr zu 100 % zurückgekehrt sind. Das selbst dann, wenn sie das höhere Einkommen als der Vater des Kindes hatten. Selbstverständlich hat das entsprechende Folgen für ihre Ersparnisse in der Pensionskasse. Da heutzutage nicht mehr zwingend geheiratet wird, wenn Kinder geboren werden, bleiben solche Frauen in Ausnahmefällen mit völlig unzureichendem Versicherungsschutz zurück.
Ich habe Freundinnen, die jahrelang mit Kindern und einem Arbeitspensum von 40 % gelebt haben, sich dann zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr von ihrem Mann getrennt haben und große Augen machten, als ich gemeinsam mit ihnen grob ihre Rente nach der Pensionierung berechnet habe. Die Ferien sind vorbei – jetzt ist es Zeit, nicht mehr nur Krimis zu lesen, sondern sich ein wenig mit Fachliteratur zu beschäftigen. Wie wäre es zum Beispiel mit Pirmin Hotz: „Über die Gier, die Angst und den Herdentrieb der Anleger“? Wie wäre es, die 3. Säule a genauer anzuschauen und zu überlegen, ob man nicht mehr einzahlen könnte? Oder wie wäre es, sich einen TED Talk anzuschauen (zum Beispiel: https://www.ted.com/talks/anita_knotts?lng=de&geo=fr)