Vor meine Abreise hatte ich Bedenken aufgrund der vielen beängstigenden Meldungen, die ich in meiner Vorbereitung gelesen hatte. Die lange Liste der notwendigen Impfungen und Warnungen vor hoher Kriminalität, etwa dass die Mordrate zu den höchsten in der westlichen Hemisphäre gehört, hatten mich sehr verunsichert. Auch Meldung wie “Jamaica is classified as medium-risk destination” beruhigte mich nicht wirklich. Der Rat “Always be accompanied by someone you know, even when going to the restroom” schien mir übertrieben paranoid.
Ich bin keine Person, die zwischen Mittelnacht und Morgengrau in Bars verkehrt oder sich die Slums aus nächster Nähe ansehen muss. Zu Beginn meines Aufenthalts war ich sehr risikoscheu und verhielt mich entsprechend vorsichtig. Doch wer nicht bereit ist, auszugehen, wird auch nie etwas entdecken. Mit einem gemieteten Auto konnte ich einen großen Teil der Insel erkunden. Der Norden ist anders als Westen und Süden und überall lohnt es sich reinzukucken. Jamaica ist definitiv eine Reise wert. Es gibt sehr gepflegte Gegenden mit unglaublichen Villen und üppigen Gärten, kleine farbenfrohe Holzhäuser mit viel Charme und auch ärmliche Baracken sowie einige Bauruinen. Aber wo gibt es diese Unterschiede nicht?
Mich haben vor allem die Bauruinen fasziniert. Einige scheinen alt und verlassen zu sein, andere sind unvollendete Bauten, die aus unerklärlichen Gründen nicht fertiggestellt wurden. Der Sonntag scheint der Waschtag zu sein, zumindest war es an einem sonnigen Tag ohne Wolken so. Die Wäscheleinen vor den Häusern waren voll behangen und die farbenfrohen Kleidungsstücke wehten fröhlich im Wind! Die Menschen sind gelassen und freundlich, immer für ein Schwätzchen zu haben und stolz auf ihr Land. Sie wollten wissen, woher ich komme, und alle, mit denen ich gesprochen habe, kannten meine Heimatland. Der Geographieunterricht in ihren Schulen muss wirklich gut sein!
Einige zu Hause, denen ich vor Abreise erzählte habe, dass ich nach Jamaica fahre, meinten, ich würde nach Afrika reisen. Geographisch völlig falsch, aber tatsächlich stammen 90% der heutiger Einwohner aus Ghana ab, die im 17. und 18. Jahrhundert eingeschleppt wurden und auf Zuckerplantagen gratis arbeiten mussten. Das Klima ist tropisch-feucht am Meer und gemäßigt im Hochland. Überall ist es grün und die üppige Vegetation wuchert mit beeindruckender Kraft. Die Pflanzen sind atemberaubend schön: Beim Frühstück konnte ich Delfine beobachten, die nicht weit vom Ufer spielten, sowie Kolibris. Besonders angetan haben es mir die braunen Pelikane.
Stellt euch vor, ihr lasst euch im warmen Meer treiben und plötzlich taucht nur wenige Meter entfernt ein riesiger Vogel kopfüber ins Wasser, in der Hoffnung, einen Fisch zu fangen. Was ihm nach meiner Beobachtung eher selten gelingt. Die Art und Weise, wie sie sich Nahrung beschaffen, hat mich stark fasziniert. Sie überfliegen eine Lagune relativ tief über dem Wasser, steigen dann auf und lassen sich plötzlich wie ein Stein kopfüber ins Wasser fallen. Mit mäßigem Erfolg. Die Höhe, aus der sie sich fallen lassen, ist relativ groß – schätzungsweise 10 bis 15 Meter. Sie müssen über ein Schutzmechanismus verfügen, dass sie sich keine Gehirnerschütterung bei so vielen Versuchen zuziehen.







Wenn ihr nach Jamaica reisen möchtet und wissen wollt, was sich zu besuchen lohnt, empfehle ich folgende eher volle, aber sehenswerte touristische Orte: Rick’s Café in Negril für diejenigen, die gerne aus großer Höhe ins kristallblaue Wasser springen möchten. Vorsicht, sie sind sehr amerikanisch unterwegs und verbieten alle nur ein bisschen gefährlicheren Sprünge wie Backflips. Dann die Dunn’s Watter Falls, wo man durch Wasserfälle vom Meer nach oben in unglaublich klares Süßwasser klettern kann. Auch ein Besuch ich einen botanischen Garten oder eine Vogelbeobachtungsstation, wo man Kolibris aus wenigen Zentimetern Entfernung beobachten kann, lohnt sich bestimmt. Es gibt einige.
Der Rest hängt von euren sportlichen oder anderen Vorlieben ab. Und selbstverständlich das Meer. Ich konnte mich nie sattsehen und -hören, besonders nachts, wenn alle nachtaktiven Tiere dazukommen. Zur Sicherheit: Wenn man die Sicherheitsstandards wie in anderen großen Städten einhält, ist das Reisen in Jamaica unbedenklich. Ich habe es geschafft, mich mit dem Mietauto zu verfahren, und abgesehen von riesigen Schlaglöchern bin ich nur auf hilfsbereite und nette Leute gestoßen. Das ist vielleich etwas was man wissen sollte. Die Signalisation ist eher dürftig. Die Ortschaften sind selten angeschrieben und die Einbahstrasse nicht gekennzeichnet. Paar mal mussten mich Einehimische aus so eine Einbahstrasse Labyrinth navigieren. Auch wenn sie mir versucht hatten, zu erklären wie man Einbahnstrassen in Städten erkennt , habe ich es nicht wirklich verstanden und leider war die Google Map auch nicht immer eine Eindeutige Hilfe.
Abendessen soll man dort, wo die Einheimischen essen, und nicht nur in Hotel. Für meinen Geschmack ist das Angebot auf der Insel fast überall zu fleischlastig, aber mindestens ein Fisch findet sich immer. Überraschenderweise ist Gemüse eher selten auf den Menüs, und Früchte kauft man sich am besten neben der Straße.
Nicht zuletzt die Musik und Bob Marly. Bob ist in unzähligen Bildern an allen möglichen Wänden Omnipräsent. Und einem einheimischen Band am Meeresufer am Abend bei» One Love» zuzuhören ist ein unvergessliche Erlebnis. Sich in Jamaica zu verlieben, fällt dann einem nicht schwer.










