Ausflug zum Etzel in turbulente Zeiten

Die Welt scheint nach den Ankündigungen von Donald Trump aus dem Fugen zu geraten. Das Einzige, was beständig zu sein scheint, ist der stetige Wandel, und all diese Neuigkeiten zu verarbeiten, erfordert einiges. Letzten Donnerstag habe ich denjenigen zugehört, die viele Informationen aus erster Hand bekommen. Bundesrat Rösti war leicht verspätet, weil er noch in der Sitzung des Bundesrates aufgehalten wurde, der sich gerade mit der Ankündigung betreffend neuer Zolltarife beschäftigte, bevor er mitteilen konnte, was die Reaktion des Bundesrates sein würde. Die Seco-Direktorin Helen Budliger erzählte, wie ihre Reise nach Amerika vor ein paar Tagen war, wo sie sich mit der Trump-Administration getroffen hatte. Serge Gaillard dachte darüber nach, was das für die Schweiz bedeuten könnte. Den ganzen Tag habe ich mit klugen und erfahrenen Leuten gesprochen, habe mit einigen betroffenen Unternehmern diskutiert und mir die gigantischen Beträge angehört, die man möglicherweise verlieren könnte.

Ganz ehrlich, so einen spannenden und lehrreichen Tag (ohne jegliche Pause) hatte ich schon lange nicht mehr. Am Abend, kaum berührt mein Kopf das Kissen, schlafe ich ein, wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Den letzten Donnerstag war es jedoch nicht möglich. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, dachte verschiedene Szenarien aus globaler Perspektive durch, suchte nach Lösungen für einige meiner Kunden und schlussendlich kam ich selbst an die Reihe, darüber nachzudenken, was das alles für mich persönlich bedeutet. Um 2 Uhr morgens bin ich aufgestanden, weil es klar war, der Schlaf kommt nicht einfach so. Trotzdem dachte ich, dass bei allen Turbulenzen, die die Ankündigung von Donald Trump betreffend der Tarife verursacht hatte, mir persönlich ausser viel Arbeit nur sehr begrenzte Schäden anrichten können. Was für ein Privileg! Wie schlafen wohl die, die um ihren Job, ihre Pension oder ihre gesamte Existenz fürchten müssen? Nach so einer Nacht ist man geschreddert. So war es aber am Freitag nicht. Ich hatte früh am Morgen einen Termin und musste das Haus früh verlassen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag schlief ich vielleicht 2 – 3 Stunden, aber der Körper fühlte sich gar nicht müde an. Ich war wach und präsent, als hätte ich die ganze Nacht durchgeschlafen oder eine grosse Dosis Aufputschmittel genommen. Irgendein körpereigenes Hormon hat dafür gesorgt, dass ich mich in einer kleinen „manischen Phase“ befand und meine Energie schien unendlich zu sein. Man kann sich täuschen! Am Freitagnachmittag bin ich unverhofft im Zug eingeschlafen und habe so tief geschlafen, dass ich mich um eine Station verfahren habe. Immerhin nur um eine, und ich bin nicht an der Endstation gelandet oder in einer endlosen Schleife, Gott weiss wo geblieben.

Am Samstagmorgen früh hatte ich eine Wanderung zum Etzel geplant. So geschreddert, wie ich am Freitagabend war, dachte ich, das ist keine gute Idee. Aber es war das Beste, was mir eigentlich passieren konnte. Der Etzel ist ein Berg zwischen dem Zürichsee und dem Sihlsee im Kanton Schwyz. Der Gipfel ist 1098 m hoch, und wenn man den Bahnhof Pfäffikon als Ausgangspunkt nimmt, bedeutet das, von 412 Metern über Meer zu starten. Das sind sehr steile 600 Meter bis zum Gipfel. Ich muss ehrlich zugeben, dass die steile Steigung bis zum Gipfel zu einem ausgelassenen Gespräch ungeeignet ist, wenn man zu zweit wandert. Man braucht die Luft, über Sprechen ist an Teilen dieser steilen Strecke nicht zu denken. Aber der Weg ist einfach herrlich. Die Gedanken sind nur um das Jetzt und Hier, und das ist sehr naturverbunden. Unterwegs kann man den Steinbruch sehen, aus dem der granitische Sandstein für die Renovation des Klosters Einsiedeln und der Teufelsbrücke verwendet wurde. In den Jahren 1947–53 wurden von Hand, ohne jegliche Maschinen, mit Handmeissel und Keilen Steinblöcke geschlagen, die dann auf Wagen mit Seilwinden ins Tal transportiert wurden. Es ist faszinierend, sich vorzustellen, wie die Menschen das damals geschafft haben.

Oder man kann das Festungsmuseum Etzel Ost besuchen, ein Teil des Reduits, das im 2. Weltkrieg gebaut wurde. Die einst geheime Festungsanlage hatte damals die Aufgabe, den Zugang über den alten Pilgerweg nach Einsiedeln abzuriegeln. Im Wald kann man die Panzersperre sehen, die der Militärtechnik das Durchkommen erschweren/verunmöglichen sollte.

Oben auf dem Gipfel wird man mit einer herrlichen Aussicht auf alle Seiten belohnt, und wenn man in die Sonne absitzt, kommt endlich auch der Moment, sich in Ruhe über die Turbulenzen, die Donald Trump auf dem ganzen Planeten ausgelöst hat, zu unterhalten. Auf dem Berggipfel relativieren sich die Turbulenzen, und in die Seele steigt endlich Frieden und das Verständnis, dass es wichtigere Dinge gibt, als sich über schnell ändernde Ankündigungen aus Washington DC zu sorgen.

Für den Seelenfrieden und guten Schlaf kann ich einen Ausflug zum Etzel nur empfehlen.

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