
Ich kann nicht ohne sie. Sie kommt einmal pro Woche, fegt durch meine Wohnung wie ein Wirbelsturm und bringt alles wieder auf Vordermann. Sie sieht toll aus, und die paar Male, wenn wir zusammen unterwegs waren, haben die Männer nach ihr die Köpfe gedreht. Sie ist einfach nicht zu übersehen.
Sie hat immer gute Laune, das Glas ist nie halb leer, sondern fast voll, und obwohl sie viel arbeitet und zwei Kinder großgezogen hat, habe ich bei ihr immer das Gefühl, dass sie die Balance zwischen Arbeit und Freizeit wunderbar im Griff hat. Sie besitzt nicht viel, aber das, was sie besitzt, hat Stil, und aus fast nichts kann sie viel machen. Dazu kommt, dass sie als gelernte Konditorin wunderbar backen und kochen kann und dabei bohnenschlank geblieben ist.
Sie verdient ihr Geld selbst, hat ihre eigene Meinung und findet immer einen Weg, um alle Probleme zu lösen. Als sie nach ihrer Scheidung eine kleine Wohnung für sich gesucht hat, war ich sehr skeptisch, weil es mit ihrem Budget fast unmöglich ist, eine bezahlbare Wohnung im Raum Zug zu finden. Und siehe da, eine Familie, die sie auch unterstützt, besitzt mehrere Mehrfamilienhäuser in Zug, und dank ihrer Arbeit hat sie von ihnen relativ schnell eine kleinere, preisgünstige Wohnung bekommen.
In Zeiten von Homeoffice haben wir uns seit Corona häufiger zu Hause begegnet. Sie kommt aus Brünn, Tschechische Republik, und neben Tschechisch spricht sie sehr passables Deutsch. Etwa vor einem halben Jahr hat sie jemand angerufen, und sie sprach fließend Italienisch. Ich staunte und erfuhr, dass sie sehr gut Italienisch kann. Gelernt hat sie es als Jung von ihrem damaligen Freund. Das war aber nur der Anfang ihrer Sprachkenntnisse. Ich begann mich für das zu interessieren, was sie sonst noch kann. Es zeigte sich, dass sie ein Sprachtalent ist. Sie kann auch Russisch, Serbisch, Slowenisch und Griechisch. Ich staunte über ihr Griechisch und erfuhr, dass sie griechische Musik liebt und gerne griechisch tanzt und dabei die Sprache nebenbei gelernt hat. Von so etwas kann ich nur träumen.
Heute Morgen, als sie kam, fragte sie, ob ich 5 Minuten Zeit habe. Ich hatte eigentlich keine Zeit, wollte aber nicht unhöflich sein. Sie spielte mir ein griechisches Lied vor und zeigte mir die Tanzschritte. Am Ende haben wir Hand in Hand in meiner Küche einen griechischen Tanz für 15 Minuten getanzt, und es waren wahrscheinlich die besten 15 Minuten des Tages. Was gibt es Schöneres, als am Freitagmorgen in der eigenen Küche griechischen Tanz gemeinsam zu tanzen!
Ich denke ab und zu über sie nach. Wie wäre wohl ihr Schicksal gewesen, hätte sie Eltern gehabt, die sie zu einer höheren Ausbildung motiviert und unterstützt hätten, und wenn sie in einem Umfeld gelebt hätte, das ihre Talente gefördert hätte? Vielleicht hätte sie mehr materiellen Wohlstand und weniger Zeit zum Tanzen. Ich schätze sie sehr und finde, dass sie genauso, wie sie ist, einfach wunderbar ist.
Danke für die frische Geschiche und wünsche Dir ein schönes Wochenende
Andreas
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